Restrisiko

Wir haben vor 3 Jahren ein Terminal verkauft. Normalerweise verlangen wir bei Erstkunden IMMER Vorkasse. Nur dieses eine Mal haben wir eine Ausnahme gemacht. Lieferung auf Rechnung. Warum weiß ich heute auch nicht mehr. Und es ist gehörig schief gegangen. Der Kunde hat nicht bezahlt – wir haben gemahnt. Dann hat der Kunde bezahlt. Zumindest einen ersten Teilbetrag. Nach langem hin und her wurden weitere Teilzahlungen vereinbart und teilweise auch erbracht. Irgendwann hatten wir dann ca. 50% der Gesamtforderung auf unserem Konto und mein Dulles meinte: „Das ist ein Erfolg“. So dachte ich auch.

Nach fast 2 (in Worten ZWEI) Jahren kam ein Schreiben vom Insolvenzverwalter und er hat uns aufgefordert, die 50%-ige Teilzahlung wieder komplett an die inzwischen insolvente Firma zurückzuzahlen. „Was für ein Traumtänzer“, habe ich zu meinem Dulles gesagt – und ich habe überheblich gelächelt. „Nein“, hat mein Dulles mir dann erklärt, „so ganz unrecht hat der Insolvenzverwalter nicht“.

Genau kann ich es nicht erklären – ich bin kein Jurist. Aber es ist in etwa so: Wenn ein Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten kommt (die sogenannte drohende Zahlungsunfähigkeit), dann darf es keine weiteren Zahlungen an einzelne Gläubiger leisten. Wenn es das trotzdem tut, dann ist das eine Bevorzugung von einzelnen Gläubigern. Und das darf nicht sein. Denn durch eine Insolvenz sollen alle Gläubiger die gleiche Chance auf den – zumindest anteiligen – Ausgleich ihrer Forderungen haben. Wenn in der Situation also Zahlungen getätigt werden, dann kann der Insolvenzverwalter dieses Geld zurückfordern – und zwar noch ZIEMLICH lange!

Das Problem in unserem Fall war also, dass wir von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Kunden hätten wissen müssen (durch den schleppenden Zahlungsvorgang). Und weil wir das quasi wussten, hätten wir das Geld nicht annehmen dürfen! Hört sich komisch an – ist aber so.

Kurz: wir haben uns mit dem Insolvenzverwalter verständigt und einen Teilbetrag vom Teilbetrag zurückbezahlt. Lustig fand ich das nicht. Aber mein Dulles hat gesagt: „Wir können auch klagen – aber ein Restrisiko bleibt und es kostet noch mal Geld und vor allem – es kostet UNSER Geld“. Recht hat er. Der Insolvenzverwalter hat es da leichter. Er prozessiert mit Steuergeldern. Er hat nichts zu verlieren. Unser Insolvenzrecht ist in manchen Teilen echt spannend.